Gräfenthal, den 8. Juni 2020

In der OTZ habe ich Ihren Aufruf zum Schreiber von Geschichten während der Corona-Zeit gelesen. Selbst möchte ich dazu keinen Text einsenden. Es wäre ein sehr trauriger Rückblick geworden, denn ich vermisste das Unterrichten vor der Klasse in der Schule sehr. Oft flossen da Tränen. Nun aber hat der Schulbetrieb wieder begonnen und ich stehe zumindest wieder für 4 Stunden am Tag vor der Hälfte einer Klasse.

Im „normalen“ Schulalltag bin ich Klassenlehrerin von 23 Kindern der Klasse 1a an der „Caspar-Aquila-Schule“ in Saalfeld. Keiner meiner Schützlinge konnte bereits lesen oder schreiben, als es im August 2019 mit dem Lernen los ging. Aber alle lernten fleißig und es gab im März 2020 schon viele „richtige“ Leser. Dann kam die Schulschließung und erst am 25. Mai öffneten sich für alle Erstklässler wieder die Schultüren.

Viele waren auch zu Hause sehr fleißig gewesen und eine Schülerin, Mira, hat sogar einige Eindrücke aufgeschrieben. Ich bin fasziniert, was eine Siebenjährige, Anfang März erst geworden, bereits zu Papier bringt.

Beim ersten Text halfen die Eltern noch etwas mit. Sie diktierten die gesammelten Aussagen ihrer Tochter und achteten auf das richtige Schreiben, ohne Mira aber zu sehr einzuengen (Kommasetzung, Trennungsregeln). Den zweiten Text schrieb das Mädchen ganz allein. Für ihr Alter stimmt mich auch die Rechtschreibung zuversichtlich. Mit Absicht habe ich im Original die noch gemachten Fehler nicht berichtigt. So wir dieser Text Mira in späteren Jahren an ihre ungewöhnliche Zeit in der 1. Klasse erinnern.

Texte der Schülerin Mira aus Saalfeld, 7 Jahre

Text 1: Coronazeit

Nun sind alle Kinder schon seit über 4 Wochen zu Hause. Anfangs war es noch schön, obwohl wir einige Aufgaben für die Schule zu tun hatten. Aber jetzt wird es langweilig und ich würde gern wieder in die Schule gehen und meine Freunde, Frau Otto und Frau Hagen wiedersehen.

Text 2:

Es ist Dienstagabend und ich mache gerade Schulaufgaben. Wenn ich aus dem Fenster schau, sehe ich einen Baum mit über 1000 Blättern dran. Gleich mal ich noch ein Bild und lese noch ein bisschen in der Fibel. Dann ist Schluss für heute.

 

 

von
Benita Otto

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