Die Krisenzeit hat viele Facetten, beispielsweise auch für die Bewohner von Hochhäusern. In unserem werden seit Wochen die Fahrstühle erneuert. Dankbar horchen wir jeden Tag wieder auf das inzwischen vertraute Hämmern. Welch Glück: Die Handwerker arbeiten weiter. Danke.

Wir brauchen die alsbald hoffentlich wieder zwei funktionierenden Fahrstühle bis hinauf in die 14. Etage. Nicht nur die alten Mieter. Aber wie soll man derzeit einen Meter Abstand halten, wenn mit dem einzig funktionierenden Gefährt gefühlt aus 145 Wohnungen die Mieter mal an den Müll oder Briefkasten müssen? Handschuhe und Handspray zur Desinfektion sind die Standard-Reiseausrüstung. Und immer gibt es unterwegs aufmunternde Worte.

Dass man bei aller Kontaktvermeidung nicht allein gelassen ist, zeigen zudem auch alle anderen Geräusche an. Viele Nachbarn haben sich einen Krisenplan von Malern über Umdekorieren mittels Schlagbohrer bis hin zu wohl schon lange aufgeschoben Telefongesprächen zurechtgelegt. Ja, inzwischen hat jeder ein Telefon. Selbstverständlich empfinden es einstige DDR-Bürger vielleicht immer noch nicht? Und die Senioren scherzen: Zum Glück können heutzutage keine „Fräulein vom Amt“ mehr ausfallen, die Satelliten sind hoffentlich virus-resistent.

Manchmal klingelt es auch an der Tür: Brauchen Sie was, wir haben ein Auto, fahren zum Einkauf. Oder es wird per Zettel angefragt, ob noch alles okay ist. Kleine Briefchen ersetzen die sonstige Kommunikation. Danke an die Nachbarin mit heranwachsender Tochter. Sie müssen zuhause bleiben, aber man merkt nichts davon. Keine Freundinnen, kein Austoben auf dem Flur. „Wir passen aufeinander auf“, versichert die junge Mutti. Allein bleiben heißt also nicht automatisch Einsamkeit. So ist das im Hochhaus.

von
Iris Pelny

Leave a Comment