145 Wohnungen hat unser Hoch-Haus mitten im Stadtzentrum. Der Blick aus dem Fenster zeigt wenig Passanten-Verkehr vom Krämpfertor zur Altstadt. Doch umso lebhafter erobern die Tauben ihr Terrain zurück, sind in Frühlings-Liebes-Taumel, gurren lautstark und bauen in verwaisten Fensternischen ihr Brut-Gelege. Unser seit Jahren treuer Mitbewohner, ein Falke, sieht gelassen vom Dachfirst aus zu. Auch für ihn sind es unruhige Zeiten. Ringsum die Baustellen im Neuerbe und am Ring erwachen kurz nach 7 Uhr und demonstrieren unüberhörbar bis in den späten Nachmittag: Es gibt punktuell noch normales (Arbeits-)Leben. Auch, wenn das die zumeist nun ganztägig zuhause lebenden gut 1500 Anwohner vom Öffnen der Fenster für die Frühlingsluft abhält.

Und die Mieter: sind unschlagbar. Kontakte per Telefon haben sich belebt. Dass auch das am Ende eines Tages anstrengend sein kann, ist eine neue Erfahrung. Dass man mit 91 Jahren noch was zu verschenken hat, beweist ein Herr auf der Etage, in dem er nach Vorankündigung zum Akkordeon-Telefon-Ständchen antrat. Andere stellen mal einen Tulpenstrauß auf den Abtreter. Einkaufslisten werden weitergereicht. Und der selbst genähte Mundschutz ist fast mit einem Dankeschön nicht gut zu machen. Es gibt nicht nur negative Nachrichten.

von
Iris Pelny

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